Bürgerbus

Es gibt Anträge, da kann man nur den Kopf schütteln. Da stellt die Wirtschaftspartei FDP doch tatsächlich einen Antrag, der überprüfen soll, ob man die unternehmerische Tätigkeit der Busunternehmen durch ehrenamtliche Vereinsmitglieder ersetzen könne, die Ihre Freizeit opfern, um eine Tätigkeit auszuüben, die andere heute hauptberuflich machen. Kostenlos arbeitende Busfahrerinnen und Busfahrer sozusagen.

Also wirklich! Der FDP hätte ich zumindest das soziale Gewissen zugetraut, die Lampertheimer Busfahrer durch Ein-Euro-Job-Kräfte auszutauschen. Aber nein, sie sollen sogar ehrenamtlich sein. Ehrenamtlich klingt ja auch viel besser als unterbezahlt oder ausgebeutet. Doch wo liebe Liberalen bleibt da der Profit, wenn kein Unternehmer mehr dahinter steht?

Ach so, ich sehe es gerade in der Antragsbegründung, Zitat: „Auf der Habenseite wären die Einnahmen aus den Fahrpreisen […]“. Die Busfahrer fahren demnach umsonst und die Stadt lässt sich die Serviceleistung bezahlen. Diese Idee sollten Sie sich patentieren lassen, sonst kommen LIDL und SCHLECKER bald noch auf die Idee einen Verein ehrenamtlicher Discounter- und Drogerieverkäufer zu gründen und als Bürgerdiscounter und Bürgerdrogeriemarkt in die Wirtschaftsgeschichte eingehen.

Wenn die Bürger den Bürgerbus schon kostenfrei fahren, dann sollen die Bürger den Bürgerbus doch auch bitteschön kostenfrei nutzen dürfen. Doch ich befürchte, dass der größte Feind der liberalen Geister beim Bürgerbusprojekt Probleme machen könnte: die Bürokratie – und damit meine ich diesmal ausdrücklich nicht die Stadtverwaltung.

Unlängst habe ich mich zu meinen Grüne-Jugend-Zeiten für einen Discobus eingesetzt, der verhindern soll, dass sich alkoholisierte Jugendliche ans Steuer setzen. Der Geschäftsführer einer Discothek – im Übrigen überzeugtes FDP-Mitglied – erklärte mir damals, dass er für seine Gäste bereits einen Privatbus auf eigene Kosten eingesetzt hatte, der auch gut angekommen sei. Dieser sei jedoch aus rechtlichen Gründen – mangels Konzession – untersagt worden. So fahren die Jugendlichen vermutlich auch heute noch – aus rechtlichen Gründen – alkoholisiert durch den Odenwald. Wir haben Unterschriften gesammelt und sogar dafür gesorgt, dass unser Landrat Wilkes an den Türstehern vorbeikam, um das Thema mit uns und dem Geschäftsführer zu erörtern. Entweder war der politische Wille nicht da oder die bürokratischen Hürden zu groß: der Discobus fährt bis heute nicht. Sie sind doch in der Kreisregierung. Bringen Sie den Antrag doch dort mal ein. Damit machen Sie den Straßenverkehr sicherer, den Kreis Bergstraße attraktiver für Jugendliche und Ihr Parteifreund weiß dann auch wieder, warum er Sie wählt.

Mit der Zurverfügungstellung eines Busses ist es nicht getan. Ohne Konzession wird hier voraussichtlich nichts laufen und auch die Haftung sollte man den Ehrenamtlichen nicht überlassen. Die Stadt müsste auch die Versicherung tragen. Dann müssten Sie zunächst mal Bürgerinnen und Bürger finden, die bei dem Projekt mitmachen. Unsere Auffassung von ehrenamtlichen Engagement ist nicht, dass jemand von oben herab entscheidet, wo es zu entstehen hat, um Nutzen für ihn selbst zu erbringen. Schon gar nicht, wenn dafür reguläre Beschäftigungsverhältnisse abgebaut werden sollen. Sonst könnte die FDP ja auch gleich ein Bürgerbauamt und ein Bürgerkulturamt fordern. Ehrenamtliches Engagement muss von den Menschen selbst kommen. Ehrenamtliches Engagement entsteht dort, wo sich Menschen für andere Menschen aus eigenem Antrieb einsetzen wollen.

Wenn es in Lampertheim jemals ein Bürgerbussystem geben sollte, dann müsste es aus unserer Sicht:

1)      Wie in NRW zusätzliche Angebote schaffen und bestehende ergänzen anstatt diese zu ersetzen. Denn der öffentliche Nahverkehr muss aus unserer Sicht nicht rentabel sein, da er ansonsten auch von privaten Anbietern geleistet werden könnte. Der öffentliche Personennahverkehr hat aus unserer Sicht a) die Aufgabe die Mobilität von Bürgerinnen und Bürgern zu gewährleisten, damit Sie beispielsweise auch ohne eigenes Fahrzeug zur Arbeit kommen können und b) die Aufgabe eine ökologische Alternative zum Individualverkehr anzubieten. Dass man dafür zahlen muss erscheint uns ebenso effektiv wie Parkgebühren, die zu 90 Prozent der Finanzierung der Parkscheinautomaten dienen. Ein kostenfreier Nahverkehr würde besser angenommen werden und wäre besser ausgelastet, hätte daher eine bessere volkswirtschaftliche Wirkung und die wegfallenden Einnahmen würden durch die eingesparten Kosten beim Ticketverkauf zumindest teilweise kompensiert.

2)      Der Bürgerbus müsste daher aus unserer Sicht auch kostenfrei sein, denn man kann nicht von Bürgern verlangen, dass sie ehrenamtlich arbeiten, um der Stadt Geld einzusparen und die Stadt sich zugleich ihre Leistungen bezahlen lässt.

3)      Erdgasbusse sollten es natürlich auch sein.

Sollte sich das tatsächlich verwirklichen lassen, dann gönne ich der FDP diesen Erfolg von Herzen und hätte auch kein Problem damit, wenn die Bürgerbusse die Aufschrift „Guidomobil“ bekämen.

Da es sich nur um einen Prüfantrag handelt, sehen wir kein Problem diesem zuzustimmen, hegen jedoch ernsthafte Zweifel daran, dass sich dies in der Form, wie wir uns das vorstellen können mit der FDP umsetzen lässt.

 

Gregor Simon

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