„Das sind Phrasendrescher“

Von André Heuwinkel

GRÜNE Kreistags-Spitzenkandidat Matthias Schimpf rechnet mit AfD ab / Deutliche Worte über Flüchtlingskrise

LAMPERTHEIM - Fast immer, wenn er das Wort „Strom“ in den Mund nimmt, fällt kurioserweise eine bestimmte Birne an der Deckenleuchte aus. Immerhin sind es Energiesparlampen, die den Raum im „Darmstädter Hof“ ausleuchten, LED wäre wahrscheinlich besser gewesen. Der Referent nimmt es mit Humor, anscheinend reagiere das Licht auf bestimmte Reizworte.

Reizworte, derer sich Kreisbeigeordneter Matthias Schimpf auf einer Infoveranstaltung der Lampertheimer Grünen am Donnerstagabend gerne annimmt, denn es ist Wahlkampfzeit, da darf auch schon einmal ausgeteilt werden. Dreier Themen möchte sich der Spitzenkandidat für die Kreistagswahl annehmen: Alternativer Energien, Sachstand Akw Biblis und „völlig überraschend“ (Schimpf) das Thema Flüchtlinge. Gut, eigentlich widmet sich der eloquente Grüne mit dem Faible für Schals eher zwei Punkten, Biblis schneidet er nebenher noch an.

Abrechnung mit der AfD

Wenn der gebürtige Frankfurter redet, wirkt es so, als hole er einmal tief Luft, um aus diesem einzigen Atemzug heraus 90 Minuten nonstop zu reden. „Ich bin grad in Rage, warte noch“, sagt Schimpf gerne, wenn einer seiner Parteikollegen gerade nachfragen möchte und der Referent gerade Wortsalven in Richtung AfD abschießt. Dass die selbsternannte „Alternative“ in den Kreistag kommt, davon geht der Kreisbeigeordnete aus – aber nicht ohne Widerrede. Denn die Partei zeichne sich durch eine besondere lokale Themenferne aus und wolle nur mit einem bundespolitischen Thema punkten: Die Flüchtlingskrise, die Parteivize Alexander Gauland ungeniert als „Geschenk“ bezeichnete. Dabei gebe es durchaus andere Themen, mit denen die AfD in den Wahlkampf ziehen wolle, allein: „Sie fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Kreistags“, wundert sich Schimpf, und nennt die Gewerbesteuer als Beispiel, die die AfD abschaffen wolle.

Dabei ist die Gewerbesteuer ein Bundesgesetz. Schaut man sich die Internetseite des Kreisverbandes Bergstraße an, so ist ein kreistagswahlspezifisches Wahlprogramm nicht einsehbar. Die Partei listet dagegen ausführlich bundes- und europapolitische Themen auf. Schimpf findet das „unseriös“, die AfD sei eine „Phrasendrescher-Partei“, sie könne „genauso gut reinschreiben, dass es donnerstags blaue Frösche vom Himmel regnet“.

In der Flüchtlingsfrage, so der 47-Jährige, gebe es nichts zu beschönigen, aber auch nichts zu dramatisieren. Er sei stolz darauf, 3 400 Geflüchtete im Kreis untergebracht zu haben, ohne auf Turnhallen zurückgreifen zu müssen. Gleichwohl bedient sich Schimpf, der auch Baudezernent ist, einer Formulierung des Rechtsgelehrten Georg Jellinek: „Es gibt die normative Kraft des Faktischen“, sagt er in Richtung der Bundesregierung, und: „Alles ist endlich“. Bis zum Ende des Quartals müsse der Kreis rund 930 Flüchtlinge aufnehmen. Deren Integration aber „ist etwas anderes als Assimilation: Wir achten die Kultur der anderen, aber: Auch unsere Werte und Gesetze müssen geachtet werden“ – quid pro quo, sagen die Lateiner.

Der übrige Teil des Abends ist eher eine Art Rückblick des Kreisbeigeordneten auf die vergangenen fünf Jahre. Das Info-Forum Biblis bezeichnet er als „Errungenschaft“, das mehr als ein „stumpfes Schwert“ gewesen sei. Vor allem sei es gut gewesen, dass beim Forum dem Akw-Betreiber RWE auf die Finger geschaut werden konnte, so dass es „keine Werbeveranstaltung“ für das Essener Unternehmen gewesen sei.

Im Fall der regenerativen Energien werben die Kreis-Grünen für die Errichtung von Windkraftanlagen in Wald-Michelbach, Fürth und dem Greiner Eck, wenngleich gelte: Was sich nicht rentiere, könne auch nicht verwirklicht werden, meint der Spitzenkandidat mit Blick auf die gescheiterte Anlage in Hüttenfeld. Hier hatte die fehlende Windhöffigkeit eine Realisierung des Projektes nicht hergegeben. „Wenn sich etwas nicht rechnet, hilft keine Ideologie“, laute Schimpfs Credo, der zugleich deutlich macht, dass Transparenz und die Vermeidung von Verbräuchen wesentliche Säulen für energiepolitisches Handeln sein müssen. „Es gibt das Original, das sind wir. Die anderen sind Plagiate.“ Hoffentlich weiß das auch die Energiesparlampe über ihm.

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